Herrentag gerettet!

Ich bin mir nicht ganz sicher, in welchem Jahr der Einfahrer Frank Bilkenroth zum Ingenieur geschlagen wurde. Ich glaube, es war das Jahr 1988.  Er hatte an der Technischen Hochschule in Merseburg studiert und in der Einfahrabteilung das Praktikum absolviert. Ich war in dieser Zeit der betriebliche Mentor seiner Abschlußarbeit. An das Thema dieser Arbeit kann ich mich beim besten Willen nicht mehr erinnern – aber an eine Begebenheit doch, die in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem Abschluß stand, weil sie schon im Vorfeld bei mir Spuren hinterlassen hatte.

Obwohl der „Internationale Herrentag“ (auch Christi Himmelfahrt genannt) in der DDR ob seiner christlichen Wurzeln längst als Feiertag abgeschafft worden war, gehörten die Herrentags-Ausflüge auch für die Einfahrer immer zu den Pflichtveranstaltungen im Einfahrerjahr. Es wurden dafür Urlaubstage und angefallene Mehrstunden genommen. Es kam wohl sogar vor, dass diese Ereignisse als Brigadeveranstaltungen mit einem „Besuch in der sozialistischen Landwirtschaft“ getarnt wurden.

Und dann rückten in diesem Jahr beide Termine – der Herrentag und die Verteidung von Franks Abschlußarbeit – näher. Irgendwann  sprach dann auch Frank sorgenvoll davon, dass die Verteidigung der Abschlußarbeit in den Zeitbereich des Herrentages fallen könnte.  Aber immer noch schien die Wahrscheinlichkeit, dass beide Termine zusammenfielen geringer als eine Planetenkollision.

Und dann kam es doch zu dieser Kollision. 1o Uhr Verteidigung von Franks Ingenieur-Arbeit in Merseburg und 11 Uhr Abfahrt des Kremsers zur Herrentagtour am Naumburger Bahnhof. Ich hatte eigentlich schon den Tag aufgegeben und ich kann mich noch an das betroffene Gesicht von Frank erinnern. Dann hatte er eine Idee.

Pünktlich ab 10 Uhr verteidigte Frank an diesem Tage trotz des Zeitdruckes brillant seine Arbeit bei Professor Brack, dann sprangen wir ins Auto und Frank fuhr mich mit Vollgas nach Naumburg. Die Einfahrer und Kremser hatten dort nur wenig mehr als eine halbe Stunde warten müssen. 

Eines ist mir dann aber auch noch in Erinnerung geblieben. Es waren an diesem Tag ein paar Glas mehr, die ich brauchte, um in Herrentags-Stimmung zu kommen.

Mathias Richter

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