Archive for the ‘Geschichten’ Category

Oktobererinnerungen

Mittwoch, März 13th, 2013

Unter der Rubrik  „Oktobererinnerungen“ veröffentliche die Werkszeitung des damaligen VEB GRW Teltow 1978 einen Beitrag unseres Einfahrers Gerd Liebe zu seinem Einsatz als Chefmontage-Ingenieur vom 4. Oktober bis 3. Dezember 1977 im Fernen Osten.

Nachfolgend die leicht gekürzte Abschrift dieses denkwürdigen Artikels mit der vorsichtigen Ironie.

„In die Sowjetunion zu reisen, heißt immer auch in die Zukunft zu reisen, und zwar in zweifacher Hinsicht. Einmal hat die Zukunft im historischen Sinne hier schon begonnen, wie das die Verabschiedung der neuen Verfassung der UdSSR am 7. Oktober wohl deutlich gezeigt hat. Zum anderen ist die Reise nach Osten eine Reise in die Zukunft in des Wortes eigener Bedeutung. Wenn in der Heimat der Arbeitstag beginnt, kann man hier schon getrost an den Feierabend denken, denn um neun Stunden eilt hier die Zeit voraus.

E i n  Z i p f e l ,  w o  Z o b e l  u n d  M a r d e r  l e b e n .

Di e Region Ferner Osten beginnt dort, wo das schier grenzenlose Sibirien zu Ende ist, sieben Flugstunden mit der IL 62 von  Moskau entfernt. Den Südzipfel dieser Region bildet der Primorskij Kraj mit der Metropole Wladiwostok, begrenzt von China und der Koreanischen Volksrepublik im Westen und von dem Japanischen Meer im Osten. Dabei sind an den Begriff „Zipfel“ sowjetische Maßstäbe anzulegen, denn mit 166 000 km2 ist der Promorskij Kraj doch erheblich größer als die DDR.  Auch für die industrielle Entwicklung gelten hier sowjetische Maßstäbe. So stieg der Wert der industriellen Warenproduktion von 1950 bis 1973 auf das Neunfache. Und diese Entwicklung wird in diesem Tempo weitergehen, denn dieses Gebiet ist mit Naturschätzen reich bedacht. Neben Stein- und Braunkohle findet man hier Porzellanerde, Flourite und verschiedene Erze. Nicht zuletzt bilden die riesigen Waldbestände, die darin lebenden edlen Pelztiere und der Fischfang in den angrenzenden Meeren unerschöpfliche Ressourcen.

Die enorme Entwicklung der Industrie und der damit verbundene schnelle Bevölkerungszuwachs macht es natürlich erforderlich, auch in der Landwirtschaft industriemäßige Produktionsmethoden einzuführen. So entstand in den letzten Jahren in Artjom – einer mittleren Industriestadt unweit von Wladiwostok –  ein Geflügelkombinat. In diesem Kombinat werden vorwiegend Eier produziert. Beim Aufbau dieser Anlage ist unser Werk mit der Lieferung und der Chefmontage von Anlagen zur Klimaregelung beteiligt. In diesem Jahr wird der letzte Komplex der Anlage – die Brüterei – montiert und in Betrieb genommen.

F e s t  d e s  R o t e n  O k t o b e r  i m  F e r n e n  O s t e n

Besonders interessant war es natürlich, gerade zu dieser Zeit hier zu arbeiten, in der sich das Land auf die Feiern zum 60. Jahrestag der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution  vorbereitete. Als ich gegen Abend des 7. Novembers diese Zeilen schrieb, begann im Radio gerade die Übertragung der Parade auf dem Roten Platz in Moskau. Es stimmt also doch, wenn die Menschen hier im Fernen Osten der UdSSR mit einem Lächeln sagen, daß sie den Moskauern beim Aufbau des Kommunismus um genau sieben Stunden voraus sind.“

Harrison war am 29. September 1989 doch an der Prager Botschaft

Freitag, April 16th, 2010

Es gibt Tage, die sind wie angestemmt, vergehen einfach nicht. Am Ende bleibt davon nicht mehr als ein Datum. Und dann gibt es Tage, die möchte man festhalten – so flüchtig sind sie. Das sind jene Tage von denen immer etwas bleibt. Der 29. September 1989 war so einer. Mehrfach eingebrannt in meinen Erinnerungen. Das war der Tag an dem Hans Dietrich Genscher diesen unvollendeten Satz vom Balkon der Prager Botschaft gesprochen hat. Mir läuft beim Schreiben dieser Zeilen sofort wieder eine Gänsehaut über den Rücken. Ich habe die Wiederholungen der Bilder dieses Tages erst später im Fernsehen gesehen.

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Ich war mehr oder weniger unzufällig bei wichtigen Ereignissen des Jahres 1989 dabei. Zuerst auf dem Zeltplatz in Soprom als die Ungarn den Stacheldrahtzaun zum Westen öffneten, später am 9. Oktober in Leipzig und dann eben auch an jenem 29. September in Prag. Der Gruppenleiter der Karl-Marx-Städter Einfahrer Dieter Weimann hatte für seine Mannschaft eine Ausfahrt vom 28. zum 30. Oktober in die Umgebung von Prag organisiert und ich wurde als „Wissenschaftler“ mit Hansi Stolpe und unseren Frauen dazu eingeladen. Am Vormittag des 29. September konnte jeder wie er wollte Erinnerungen an Prag auffrischen. In einem Plattenshop in der Innenstadt kaufte ich die 88-Scheibe „Cloud Nine“ von George Harrison. Nach dem gemeinsamen Mittagessen begab sich die Gruppe geschlossen zur Prager Botschaft. Seit Tagen war die Botschaft besetzt. Ich kann mein Herzklopfen nicht beschreiben als das Botschaftsgebäude in Sichtweite kam. Das erste was mir auffiel war die schwarz-rot-goldene Fahne ohne Hammer, Zirkel und Ährenkranz. Das Haupttor der Botschaft war weit geöffnet. Es wurden Bettengestelle für die Botschaftsbesetzer angeliefert und das letzte Bettgestell wurde immer wieder hin und her geschoben. Auf diese Weise war es möglich Ankommende direkt durch den Haupteingang in die Botschaft zu leiten. Ich werde niemals im Leben die Gesichter derer vergessen, die spontan eine Entscheidung für das Leben getroffen hatten, ohne die Konsequenzen zu kennen. Viele vor allem junge Leute, die sich nur mit Plastebeutel in den Händen und eigentlich leeren Gesichtern in die Botschaft leiten ließen. In der Fortsetzung des Gebäudes befand sich eine hohe Mauer. Dort versuchten Väter ihre Kinder über die vielleicht 2 Meter hohe Brüstung zu schieben. Eine Freundin sagte hinterher: „Was wäre wohl passiert, wenn einer von uns die Nerven verloren hätte?“ 

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Wir gingen weiter bis zu jenem Zaun hinter der Botschaft, der später immer wieder im Fernsehen gezeigt wurde. Das war der Zaun, der trostlos herumstehenden leeren Trabis. Das Botschaftsgelände war an diesem Tag hoffnungslos überfüllt. Wenn ich mich recht erinnere, kam auf 200 Besetzer gerade ´mal eine Dixi-Toilette. Dementsprechend war auch der Gestank, der sich über dem gesamten Gelände ausgebreitet hatte. Hinzu kam, daß es in den vergangenen Tagen geregnet hatte und der Boden zwischen den dicht aufgestellten Zelten und am Zaun schlammig durchgetreten war. Pausenlos versuchten Neuankömmlinge über den Zaun zu steigen. Hinter dem Zaun halfen Besetzer der Botschaft, Frauen und Kindern mit einer Art „Räuberleiter“ den Zaun zu überwinden. An vielen Stellen standen weinende Eltern vor dem Zaun und sprachen mit ihren Kindern im Botschaftsgelände. Neben mir sagte eine Frau: „Mit jedem, der über den Zaun steigt, geht auch ein Stück von mir mit.“

Zweifellos die aufrührendste Ausfahrt in meinem Einfahrerleben. Das bleibt! Ich wünsche all denen, die an diesem Tag eine lebenswichtige Entscheidung getroffen haben, daß es sich gelohnt hat und mehr als der Plastebeutel, mit dem sie über den Zaun gestiegen sind, geblieben ist.

Die Scheibe von George Harrison war an diesem Tag immer dabei. Und wenn wir heute mit unserer Haus-Band z.B. den Titel „Just for today“ covern, dann sind mir immer wieder die Erinnerungen an den 29, September 1989 gegenwärtig. 

Eine Schulung am Blauen Auge 1975

Sonntag, September 6th, 2009

Ich habe wieder einmal in einem Brigadebuch der „Wiener Würstchen“ geblättert.  Auch in diesem Fall ist der Autor des Artikels nicht mehr zu ermitteln. Ich will Euch diesen Beitrag dennoch nicht vorenthalten. Hier ist die Reportage.

Der nun schon bewährte Erfahrungsaustausch zwischen den Baustellen Zeitz und Buna wurde im Monat Juli an einem kleinen See, man hat ihn „Blaues Auge“ genannt, in der Nähe von Bad Schmiedeberg durchgeführt. Treffpunkt für alle Teilnehmer dieser Schulung mit kulturell-sportlicher Umrahmung war 11 Uhr Bad Schmiedeberg. Nach dem Aufladen der Esswaren und Getränke ging es bei strahlendem Sonnenschein zum See. Doch noch beim Einrichten des Lagers und Anwerfen des Grills überraschte uns ein heftiger Regen. Die Arbeiten mußten abgebochen werden, und die Zeit wurde zum Baden genutzt. Inzwischen war die Sonne wieder hinter den Wolken hervorgekrochen und wir konnten den Ausbau des Lagers fortsetzen. Die Zeit, in der der Grill durchbrannte, wurde genutzt, um das Thema „Erste Hilfe“ zu vertiefen. Der Zigeunergoulasch nach Hausrezept mundete danach besonders gut. 

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Nach dem anschließendenn Fachthema zu UNALOG – Kesselregelungen  im Heizkraftwerk Zeitz-Ost entbrannte ein reger Erfahrungsaustausch, wobei offen gebliebene Probleme bis zur nächsten Schulung geklärt werden sollten. Um die Kollegen wieder aufzulockern, wurden jetzt die Trainingsanzüge abgestreift und die Freundschaftsmeile zurückgelegt. Die Steaks vom Grill schmeckten nach dem Lauf besonders gut. Nach dieser Stärkung kreisten die Schachbretter und es entstand eine wahrhaftige Schachhölle (!). Schließlich griff ein Kollege zum Fußball. Das Fußballspiel, das mehr einer  Treibjagd glich, wurde bei einer Rasenhöhe von etwa 40 cm ausgetragen.

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Als die Lungen genug heraushingen und die Körper im Einfahrerschweiß gläntzten ging es mit Pauken und Trompeten ins Wasser. Die wohlverdiente Abkühlung diente zum Aufmöbeln der Arbeitskraft bei der Errichtung des Lagerfeuers. Das Zünden des Feuers und das Singen des Einfahrerliedes war ein Startschuß zu einem fröhlich feuchten Abend. In nächtlicher Stunde endete eine wirklich gelungene Schulung. Am nächsten Morgen verabschiedeten sich die Kollegen mit einem kräftigen Muskelkater.

Bericht eines unbekannten Einfahrers der Sozialistischen Brigade „Norbert Wiener“ aus dem Jahr 1975  (abgeschrieben von Mathias Richter)

Das H² – Hemd

Mittwoch, August 26th, 2009

Die Geburtsstunde des inzwischen schon legendären H²-Hemdes schlug Mitte – Ende der siebziger Jahre im damaligen VEB „ Otto Grothewohl „ Böhlen.

Erster Einfahrer war Jürgen Berlich, und dazu gehörten unter anderem Mathias Richter, Arno Wehlte, Bernd Thiel, Klaus Meißner, Jürgen Mathäus, Uwe Hörath, Walther Hübner, Dieter Kressner, Volker Göbel und Reinhard Hackenberg.

Sitz dieser geballten Ladung an Einfahren waren zwei Büroräume in der alten Markscheiderei auf dem Gelände des Kombinatsbetriebes.

In dieser Zeit entwickelte sich schnell eine eigene kollektive und kulturelle Struktur. Es gab kleine Einfahrerfeste, gemeinsame Saunagänge und es wurden sogar gemeinsam Patentanmeldungen eingereicht. Aufgaben unangenehmer Art durfte derjenige erledigen, der an der Dart-Scheibe die wenigsten Punkte geworfen hatte. Immer hatte jemand irgendeine, manchmal sogar verrückte Idee. So entstand auch die berühmt-berüchtigte H²-Hymne. Um unseren Teamgeist für Jedermann sichtbar zum Ausdruck zu bringen, musste ein Hemd her.

So entstand schon Jahrzehnte vor DSDS , BSDS ( Böhlen sucht das Superhemd).
Jeder Einfahrer reichte einen Designvorschlag für  die Front- und Rückseite ein und gemeinsam wurde über die Auswahl entschieden. Gewinner der Frontseite war,  glaube ich, Mathias und der Rückseite Jürgen Mathäus.Das doppelte H sollte Symbol sein für die Inbetriebnahme der H²-Anlage. Weiße Nickis (T-Shirts) wurden gekauft und Stofffarben besorgt und in mühevoller Handarbeit für alle Kollegen ein Hemd gefertigt.

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Fortan sollte unser H²-Hemd bei vielen sportlichen und kulturellen Veranstaltungen stolz die  Körper  der Böhlener Truppe zieren.

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Dass auf einer Einfahrerschulung im Forsthaus Roitzsch morgens anstelle der DDR–Fahne am Fahnenmast ein H²-Hemd wehte, kann als grandioser Höhepunkt in der Geschichte dieses Symbols gewertet werden.

Reinhard Hackenberg

Kein Schwein hört uns zu!

Freitag, Juli 3rd, 2009

Auch ein Herrentagsereignis. Es hat wohl in der Mitte der Achtziger stattgefunden. Ich habe an diesem Tag meinen Strohhut verloren. Das heißt, eigentlich bin ich mit meiner einstigen Hutkrempe nach Hause gekommen. Das war zwar bedauerlich aber auch nicht tragisch. Irgendwann mußte der Strohhut aufgeben. Mein Vater hatte ihn schon bei der Gartenarbeit getragen und zuletzt hatte ich mich einige Male versehentlich darauf gesetzt. Ich kann mich an die Rückfahrt von Naumburg erinnern. Einmal fuhr langsam ein Zug in Gegenrichtung an unserem Fenster vorbei. Ich winkte einer jungen Frau mit meiner Krempe. Sie schien das sehr erotisch zu finden und winkte dementsprechend zurück.

Damals waren die Herrentagstouren noch ein echtes Männererlebnis. Im Gegensatz zu heute hatten die meisten Autos schon am frühen Morgen einen Fliederzweig unter dem Scheibenwischer. Dieser Tag war für viele nicht nur Feiertag sondern auch ein Tag des vorsichtigen Protestes – ein Vorbote der Ereignisse von 89. Bisher haben sich die Medien dieses Themas nicht bemächtigt. Und das ist gut so; denn so bleibt das irgendwie unser Eigentum.

Wir waren frühzeitig am Leipziger Hauptbahnhof mit dem Zug in Richtung Naumburg gestartet. In in den Vorhallen des Hauptbahnhofes lautstarke Gesänge unter den teilweise festlich gekleideten Herren. Im Zug viel Musik und nicht nur Einfahrerlieder. Diejenigen, die nicht auf Herrentagstour waren, fielen unangenehm auf. In Bad Dürrenberg schmetterte  eine Blaskapelle am Bahnsteig belanglose Lieder. Man kann heute kaum noch nachvollziehen, dass das damals schon eine ausgesprochene Provokation war. Auf der Durchfahrt durch Großkorbetha entrollten einige Herren ein selbstgeschriebenes Transparent mit der Aufschrift „Männer, laßt Euch diesen Tag nicht nehmen!“. Von mehreren Seiten sprangen Transportpolizisten hinzu und rissen es zu Boden. Aber alle hatten es gerade deshalb gelesen. Und das war wohl die größte Dummheit der Trapos.

Ein Jahr später wurden „Nägel mit Köpfen“ gemacht. Die Zugfahrt endete in Großkorbetha – aber das ist eine andere Geschichte, die vieleicht einmal der Jürgen Matthäus aufschreibt.

Wir feierten diesen Tag bei ausgesprochenem Einfahrerwetter im Naumburger Land. Glücklicherweise hatten wir uns reichlich mit Getränken eingedeckt; denn die Gaststätten mußten bis auf das Restaurant am „Himmelreich“ von staatswegen an diesem Tag geschlossen bleiben.

Ein abschließendes Ereignis ist mir nachhaltig in Erinnerung geblieben. Wir sangen in diesen Jahren oft ein altes deutsches Volkslied, das von einigen sogar als Hymne bezeichnet wurde – „Die Gedanken sind frei!“. Wir haben es bei allen Gelegenheiten und überall gesungen. Heute streuen einige selbsternannte Widerstandskämpfer immer ´mal wieder in die Medien, dass dieses Lied in der DDR verboten gewesen sei. Das ist wie so vieles über diese Zeit populistischer Blödsinn. Als wir am Ende des Tages durch die Bahnhofshallen des Leipziger Hauptbahnhofes zogen, erklang es immer wieder. Man kann sich die Akustik des einmaligen Bahnhofes vorstellen. Es war wohl die gewaltigste und ehrlichste Interpretation dieses deutschen Volksliedes, die es jemals gegeben hatte (!). Unser Gesang setzte sich am Vorplatz des Hauptbahnhofes fort. „Die Gedanken sind frei!“ Niemand hat uns daran gehindert.

Und so war es damals wie heute  – „Kein Schwein hört uns zu!“

Mathias Richter

Herrentag gerettet!

Mittwoch, Juli 1st, 2009

Ich bin mir nicht ganz sicher, in welchem Jahr der Einfahrer Frank Bilkenroth zum Ingenieur geschlagen wurde. Ich glaube, es war das Jahr 1988.  Er hatte an der Technischen Hochschule in Merseburg studiert und in der Einfahrabteilung das Praktikum absolviert. Ich war in dieser Zeit der betriebliche Mentor seiner Abschlußarbeit. An das Thema dieser Arbeit kann ich mich beim besten Willen nicht mehr erinnern – aber an eine Begebenheit doch, die in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem Abschluß stand, weil sie schon im Vorfeld bei mir Spuren hinterlassen hatte.

Obwohl der „Internationale Herrentag“ (auch Christi Himmelfahrt genannt) in der DDR ob seiner christlichen Wurzeln längst als Feiertag abgeschafft worden war, gehörten die Herrentags-Ausflüge auch für die Einfahrer immer zu den Pflichtveranstaltungen im Einfahrerjahr. Es wurden dafür Urlaubstage und angefallene Mehrstunden genommen. Es kam wohl sogar vor, dass diese Ereignisse als Brigadeveranstaltungen mit einem „Besuch in der sozialistischen Landwirtschaft“ getarnt wurden.

Und dann rückten in diesem Jahr beide Termine – der Herrentag und die Verteidung von Franks Abschlußarbeit – näher. Irgendwann  sprach dann auch Frank sorgenvoll davon, dass die Verteidigung der Abschlußarbeit in den Zeitbereich des Herrentages fallen könnte.  Aber immer noch schien die Wahrscheinlichkeit, dass beide Termine zusammenfielen geringer als eine Planetenkollision.

Und dann kam es doch zu dieser Kollision. 1o Uhr Verteidigung von Franks Ingenieur-Arbeit in Merseburg und 11 Uhr Abfahrt des Kremsers zur Herrentagtour am Naumburger Bahnhof. Ich hatte eigentlich schon den Tag aufgegeben und ich kann mich noch an das betroffene Gesicht von Frank erinnern. Dann hatte er eine Idee.

Pünktlich ab 10 Uhr verteidigte Frank an diesem Tage trotz des Zeitdruckes brillant seine Arbeit bei Professor Brack, dann sprangen wir ins Auto und Frank fuhr mich mit Vollgas nach Naumburg. Die Einfahrer und Kremser hatten dort nur wenig mehr als eine halbe Stunde warten müssen. 

Eines ist mir dann aber auch noch in Erinnerung geblieben. Es waren an diesem Tag ein paar Glas mehr, die ich brauchte, um in Herrentags-Stimmung zu kommen.

Mathias Richter

Unsere Fußballtiger von 1976

Montag, Juni 22nd, 2009

Nach der Fußballweltmeisterschaft 1974 gab es nur zwei Jahre später meines Wissens das vorerst letzte bedeutende  Fußballereignis in Deutschland. Der nachfolgende Beitrag aus dem Brigadebuch des Kollektivs „Norbert Wiener“  der Einfahrabteilung FAE 4 des VEB GRW Teltow läßt daran keine Zweifel aufkommen. Ich versichere, dass ich nichts weggelassen und auch nichts hinzugefügt habe.  Der Verfasser hat leider seinen Beitrag nicht signiert. Vielleicht meldet er sich freiwillig.

Fußballvergleichskampf Kollektiv „Norbert Wiener“ gegen die Patenklasse A52 

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Am 29.11.76 trafen die Mannschaften unseres Kollektivs „Norbert Wiener“ und der Patenklasse A52 im Stadion der Metallarbeiter in Kleinmachnow zu einem Fußballmatch zusammen. Gespielt wurde auf dem Kleinfeld mit je 6+1 Spieler. Nach der offiziellen Begrüßung (Siehe Bild 1) der Spieler durch die wenig zahlreichen Zuschauer (Bild 2) und der Auslosung der Seite wurde der Ball von den Stürmern der Patenklasse angestoßen.             

Die ersten 15 Minuten verliefen recht hektisch. Beide Mannschaften mußten sich erst an die eigenartige Spielweise des Gegners gewöhnen. Aber bereits in der 8. Minute gelang unserem Kollegen Hanussa durch einen Sololauf das Führungstor. Die Spieler der Patenklasse geschockt, gingen sofort in die Offensive (Bild 3). Nach 30 Minuten Spielzeit hieß das Halbzeitergebnis dann auch 3 : 1 für unsere Patenklasse.

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In der zweiten Spielhälfte blieb der Stürmerdrang unserer Lehrlinge bestehen. Es stand nach 45 Minuten  6 : 1  für die Patenklasse, trotz allem Einsatz unseres Kollegen Schmidt (Bild 4). Da konnte sogar unser Torwart Kollege Henke nur noch staunen (Bild 5) und die Bälle aus dem Tor holen.  Sieben Minuten vor Spielschluß gelang dem Kollegen Schilling beim Angriff des Tores der Klasse A52 noch ein Abstaubertor. Kollege Schilling war über seinen Torerfolg selber ganz überrascht (Bild 6), stand es jetzt doch nur noch  2 : 6  für unser Kollektiv.

Dieses Ergebnis war  auch der Endstand unserer Begegnung. War das Ergebnis auch für unser Kollektiv nicht befriedigend, so hatten wir alle doch viel Spaß am Spiel. Beide Mannschaften verabschiedeten sich und vereinbarten für das kommende Jahr ein Rückspiel.

Mathias Richter

Die Geschichte des Buches der Einfahrerlieder

Donnerstag, Juni 18th, 2009

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Soweit bekannt ist, entstanden die ersten Einfahrerlieder erst in der Mitte der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Die meisten Lieder verwendeten eigängige Melodien. Geklaut haben da auch schon andere Klassiker.  Einem der Einfahrerlieder aus dieser Frühzeit  „Wir lassen heut´erschallen …“ liegt zum Beispiel musikalisch der “Marsch der K&K Kaiserjäger“ und dem „Einfahrer von Jene“ Goethes „König von Thule“ zu Grunde.  Viele Lieder entstanden regional auf Baustellen und haben damit irgendetwas mit den Shanties der Seefahrer gemein. Die meisten Lieder wurden später zum allgemeinen Einfahrerliedgut und  kaum einer macht sich dabei noch Gedanken über die Ursprünge.

Der Gedanke diese Lieder und andere oft gesungenen Volks- und Stimmungs-liedern zu sammeln und zu vervielfältigen entstand schon sehr früh; denn die Einfahrer waren immer schon eine sangesfreudige Gemeinschaft. Die Kopien im DIN A4-Format wurden als Ormig-Abzüge schon lange vor 1980 im Einfahrergepäck mitgeführt. Die Lebensdauer dieser losen Blätter im dünnen Pappordner war bei  häufigem Gebrauch aber sehr begrenzt, so dass etwa in der Zeit nach 1984 der Gedanke an ein eigenes strapazierfähiges Buch der Einfahrerlieder aufkam.  Obwohl traditionelle Studentenlieder und ähnliches Liedgut in der DDR nur bedingt geduldet wurden, orientierten wir uns bei der äußeren Form des Buches kurioserweise an dem Kommersbuch von Friedrich Engels. Wir hatten bis dahin leibhaftig noch kein Kommersbuch gesehen, kannten aber eine Beschreibung des Schreibtisches von Engels, auf dem ein solches Buch gelegen haben soll. Es hatte Biernägel, damit es nach dem Umkippen eines vollen Bierglases keinen Schaden nahm, war in strapazierfähigen brauen Leder gebunden und besaß metallene Schutzecken damit man auch mal zum Takt der Lieder auf den Tisch hauen konnte.  So wichtig kann Geschichtsunterricht sein!

Das Buch der Einfahrerlieder wurde in den Jahren 1984/85 „produziert“. Es wurde auf einem Computer der Baureihe MC80.10 vom VEB Elektronik Gera geschrieben. Diese Computer war zu diesem Zeitpunkt Stand der Technik in der DDR. Er war nicht grafikfähig, hatte ein auf Europa-Platinen basierendes eigenes Mikrorechner-System und wog satte 30 kg! Als wichtigen Aspekt für die Erstellung unseres Liederbuches besaß er eine Schnittstelle, die die Ausgabe von Daten und Dateien an einen Lochbandstanzer ermöglichte.  Solche Papierlochstreifen wurden noch bis in die 80er Jahre als Speichermedium verwendet. Die Datendichte betrug 10 Byte/Zoll  und es musste deshalb auch eine Menge Papier produziert werden. Änderungen auf dem Lochstreifen konnten nur vorgenommen werden, indem man  einen neuen Lochstreifen erstellte oder die fehlerhafte Stelle überklebte und per Handlochung korrigierte. Oft rissen die Papierstreifen auch beim Einzug und dann konnte auch wieder nur geklebt werden. Im damaligen Geräteprüffeld gab es einen Fernschreiber, der diese Dateninformationen vom Lochstreifen verarbeitete. Eines der Schlüsselprobleme war die Beschaffung eines dünnen und reißfesten Papieres, das auf dem Fernschreiber lief und den angestrebten Taschenbuchcharakter des Liederbuches unterstützte. Dabei kamen uns die Beschaffungserfahrungen in jener Zeit (Ware gegen Ware) zu Gute. Der leider schon verstorbene Gruppenleiter Horst Schmidt vermittelte uns einen Kunden, der große Mengen von leeren Schreiber-rollen eingelagert hatte. Wir besaßen die Transmitter, die er benötigte – und so kam der Warentausch zustande. Wir fanden im Einzelhandel mühevoll die not-wendigen Metallbeschläge für das Buch und einen Buchbinder, der die mit Blattgold bedruckten Einbände aus braunem amerikanischen Ziegenleder und strapa-zierfähigem roten Rindsleder herstellte.

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Die Logistik für den wochenlangen Druck im Geräteprüffeld, Beschaffungsfragen, der Seitenschnitt und letztendlich die Zusammenstellung von etwa 4000 Einzelseiten zu den etwa 35 Exemplaren der Erstausgabe des Liederbuches von 1985 versetzt auch heute noch in Erstaunen.
Die „Erstinbetriebnahme“ des Buches erfolgte im Rahmen einer Gruppen-veranstaltung der Dresdener Einfahrer in der Triebischtalbaude.

Mathias Richter

Kohlen-Richter

Donnerstag, Juni 18th, 2009

Hier noch eine Anekdote, die nichts mit der Einfahrerei, aber mit einem Einfahrer zu tun hat:Karl-Heinz Richter aus Bautzen bekam Kohlen geliefert. Wie zu DDR-Zeiten üblich, wurden sie vor das Haus auf die Straße geschüttet und mußten nun durch das Kellerfenster in den Keller geschaufelt werden. Karl-Heinz schickte seinen Sohn vor, er solle schon mal anfangen.
So angeordnet, so geschehen. Das Kellerfenster war schon offen und als Vater Richter nach einiger Zeit nachkam, hatte der Sohn schon ein gut Teil geschafft. Als sie nun mit vereinten Kräften das Meiste drin hatten, bemerkte Karl-Heinz, daß sie die Kohlen nicht in den eigenen, sondern in den Keller ausgerechnet des Nachbarn geschaufelt hatten, mit dem sie schon lange uneins waren und schon ewig nicht mehr gesprochen hatten.
Wie sie das Problem gelöst haben weiß ich nicht, auf jeden Fall aber so, daß sie die Kohlen nicht wieder aus Nachbars Keller herausholen mußten.
Karl-Heinz Richter aber hatte seitdem den Beinamen „Kohlen-Richter“.

Hans Völker

Was ein Kondensator kann

Donnerstag, Juni 18th, 2009

Im Heizkraftwerk Pirna gab es eine Reduzierstation, die bei Normalbetrieb des HKW von Hand geschlossen war. Die elektronische Regelanlage wurde nur bei An- oder Abfahrvorgängen gebraucht. Immer wieder kam es jedoch vor, daß sich die Anlage selbsttätig auf Automatik schaltete und Richtung „Auf“ lief. Wenn das vom Bedienungspersonal nicht gleich bemerkt wurde (ein Warnsignal gab es nicht), konnte ein kritischer Betriebszustand eintreten.
Wir haben uns bald totgesucht, den Fehler aber nicht gefunden. Der Kunde wurde immer ungeduldiger und drängte auf Beseitigung des Mangels.
Unsere „Wissenschaftler“ Hansi Stolpe und Mathias Richter aus Leipzig rückten schließlich mit einer großen Meßapparatur an, mit der alle möglichen Parameter überwacht und dokumentiert werden konnten, aber alles vergebens.
Eines Tages hockte ich zusammen mit einem BMSR-Mechaniker des Betreibers vor dem Reglergestell als uns ein „pitsch“- Geräusch aufhorchen ließ und gleichzeitig die Anlage wieder auf Automatik schaltete. Jetzt legten wir uns auf die Lauer, und beim nächsten Mal konnten wir ein Netzgerät als Verursacher ausmachen. Ein immer mal wieder durchschlagender Kondensator war der Grund für den üblen Schmutzeffekt.

 

Hans Völker

Temperaturregelung

Donnerstag, Juni 18th, 2009

Am Anfang meiner Einfahrerzeit war ich als zweiter Mann mit Hans Peetz (er ist schon viele Jahre nicht mehr bei GRW und inzwischen auch verstorben) in Wildau, wo wir die Temperatur eines gasbeheizten Industrieofens zu regeln hatten. Das Bedienungspersonal arbeitete im Leistungslohn, und für die war der Ofen nur heiß genug wenn der Gasmengenmesser, eine Ringwaage, auf Endausschlag stand. Wir waren für sie die Bösen, die ihren Lohn schmälern wollten.
Also haben wir die Ringwaage auf Endausschlag festgeklemmt und dann erfolgreich die Temperatur geregelt.

 

Hans Völker

Die Generator Wassertasse

Donnerstag, Juni 18th, 2009

Sicherlich gibt es im Leben jedes Einfahrers Begebenheiten, die man nicht wieder vergißt:Im VEB Sanitärporzellan Dresden hatte ich die Druckregelung  von Gasgeneratoren einzufahren. Jeder Generator war nach unten mit einer Wassertasse abgedichtet, die gleichzeitig als Sicherheitsventil fungierte. Das Bedienungselement in Gestalt eines Fernsteuerhahns mit den Stellungen „Auf – Verblockt – Zu – Verblockt – Automatik“ befand sich dicht neben der Wassertasse, die mit einer stinkenden schwarzen Brühe gefüllt war. Als ich nach Voreinstellung des Strahlrohrreglers das erste Mal auf Automatik schaltete, kam der Regelkreis heftig ins Schwingen. Der Versuch, das im Handbetrieb wieder zu beruhigen wurde zu einer (angst-)schweißtreibenden Angelegenheit. Wußte ich doch genau, wenn der Druck diesen Wert übersteigt, bekomme ich den Inhalt der Wassertasse (nicht nur)
in die „Gesicht“. Dazu ist es zum Glück nicht gekommen.

Hans Völker

Das Kollektiv „Niederdruckpneumatik“

Donnerstag, Juni 18th, 2009

In der Entwicklungsabteilung in Teltow gab es das Kollektiv „Niederdruckpneumatik“ mit Valentin Ferner als führendem Kopf sowie Heinz Hänel, Dieter Drews und Heinz Malkwitz.
Sie entwickelten ein Gerätesystem für pneumatische Regelung und Steuerung mit dem Arbeitsluftdruck 0 – 100 mmws. Es wurde unter der Bezeichnung „Unipneu“, später „Unalog“ vermarktet (universelles niederdruckpneumatisches Analog- und Logik-System). Ich habe gern damit gearbeitet, weil man durch einfaches Umstecken einiger Schläuche das Reglerverhalten an die Aufgabe anpassen konnte. Das Entwicklungskollektiv wurde mit einem Nationalpreis ausgezeichnet. Das System war vielseitig einsetzbar, z.B. entwickelte Rolf Sebastian einen Kraftwerkstrainer, der für die Schulung des Bedienungspersonals von Großkraftwerken verwendet wurde, einschließlich Anti-Havarie-Training.
 Bei ihren Forschungen stellten die Entwickler fest, daß sich Schallwellen in Schläuchen fast verlustlos ausbreiten. Um das zu demonstrieren steckten sie einen Ohrhörer in ein Ende eines 100-m-Bündels Pneumatikschlauch. Am anderen Ende konnte man die Musik in fast gleicher Lautstärke hören.
Diese Erkenntnis machten sich zwei Einfahrer auf ihre Art zu Nutze:


fj27.jpg  Reinhard Mahlo                             opti16.jpg   Hans Völker

 

 

Reinhard Mahlo hatte ein Motorrad, mit dem wir eine zeitlang zusammen zu Baustellen fuhren. Um uns während der Fahrt unterhalten zu können bastelten wir uns Schlauchverbindungen von den Ohren zu kleinen Plastetrichtern, die als „Mikrofon“ vor dem Mund hingen, sowie eine Verbindung von Mann zu Mann. Es funktionierte allerdings mehr schlecht als recht – die Nebengeräusche waren zu stark.                                                                   
 

Valentin Ferner, Heinz Hänel und Heinz Malkwitz sind bereits verstorben. Ferner war ein vielseitig talentierter Mensch. Er hat z.B. ein Buch geschrieben, welches seinem Titel „Anschauliche Regelungstechnik“ wirklich gerecht wurde, und er hat das Leben der Bienen in Gedichtform geschildert. 

Hans Völker

Paul Unger

Dienstag, Juni 16th, 2009

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Paul Unger war schon als Inbetriebnehmer tätig, als der Betrieb noch „Askania“ hieß
und an die Bezeichnung „Einfahrer“ noch gar nicht zu denken war. Er war also ein
“ganz alter Askanese“. Obwohl meines Wissens kein Ing., hatte er ein ausgeprägtes technisches Verständnis. Zu seiner Zeit gab es noch keine pneumatischen, sondern „nur“
die ölhydraulischen Strahlrohrregler. Diese wurden auch für die Heißdampftemperaturregelung an Dampferzeugern eingesetzt und waren auf der Kesseldecke montiert. Bei der Arbeit in der Hitze dort oben hat Paul sich schwer erkältet. Ob das zu seinem allzu frühen Tod, nicht lange vor Erreichen des Rentenalters, beigetragen hat weiß ich nicht. Fakt ist, daß er im Diabetes-Sanatorium Hohenelse bei Rheinsberg war.
Paule war so oft in Ungarn, daß er dort schon als „Onkel Paul“ bekannt war. Demzufolge
war er Experte für Paprika, der zu dieser Zeit (etwa 1960) in der DDR noch nicht so sehr bekannt war. Und er klärte uns in seinem berliner Dialekt auf:
“Eh de dir dran jewöhnt hast beißter dir dreimal: det erste Mal beim Fressen, det zweite Mal beim Schiffen und det dritte Mal beim Scheißen. Und wenn de mal eine hast die nicht so will:
mit dem Paprikafinger ran – die springt dir mit …..(das Weitere ist nicht mehr druckreif).
 Einmal war Eddy Makus (er lebt leider auch schon nicht mehr) aus Ungarn zurückgekommen und hatte als Geschenk für seine Kollegen scharfe Paprikaschoten mitgebracht. Paule Unger ermutigte mich: Sei nicht so schüchtern, laß dir ein paar geben. Und wenn deine Frau mal wieder Goulasch macht – zweie mit rein, was denkste wie das schmeckt!
Gesagt, getan. Wie da Schicksal so spielt, kam gerade an diesem Tag meine Schwiegermutter unangemeldet zu Besuch. Das Essen war so scharf, daß es kaum zu genießen war.
Als ich mich dann bei Paule Unger über seinen Ratschlag beklagte, sagte er:
“Zwei Schoten,  bist du verrückt? Höchstens eine!“

Die folgende Geschichte soll Paul gerne selbst erzählt haben:
Ein ölhydraulisches Steuerwerk funktionierte nicht ordentlich. Erste Kontrolle galt immer dem Strahlrohr, welches gerne mal verstopfte. Paul kroch also in den Reglerschrank, zwängte sich zu dem Steuerwerk und baute das Strahlrohr aus. In dem Moment schaltete jemand das zentrale Ölpumpwerk ein. Durch die Enge bekam Paul seinen Kopf nicht so schnell aus dem Ölstrahl. Laut fluchend kam er aus dem Reglerschrank, er sah aus wie eine Ölsardine.

Hans Völker